Oder: Alice Weidel setzt Kinder mit Ratten gleich und Bernd Ulrich die AfD mit den verfolgten Juden im Dritten Reich

Dass Politiker:innen der AfD eine sehr verzerrte Wahrnehmung der Realität haben und / oder es mit der Wahrheit nicht so genau nehmen, ist ja nicht erst seit der denkwürdigen Correctiv-Recherche bekannt. Die Wahrheit wird bis zur Unkenntlichkeit verbogen, verzerrt, verkürzt, verdreht oder es wird einfach direkt gerade heraus gelogen.

Ein besonders drastisches Beispiel lieferte dieser Tage die AfD-Vorsitzende Alice Weidel, die sich in einer vor Hass und Hetze triefenden Rede zu der Behauptung hinreißen ließ, unser Bundespräsident habe AfD-Wähler:innen als Ratten bezeichnet. Das ist entweder eine besonders krasse Lüge oder es zeugt davon, dass die Partei, die angeblich die deutsche Kultur verteidigen will, von eben dieser überhaupt keinen Plan hat.

Offenbar liegen seit den Correctiv-Enthüllungen die Nerven in der AfD blank.

Was wir bei Weidels Rede erlebt haben, ist der Kern der AfD-Politik: Böswillige Unterstellungen, falsche Tatsachenbehauptungen, Framing, Lügen und Hetze. Steinmeier hat sehr Recht, wenn er vor diesen extremistischen Rattenfängern warnt.

Das ist auch hier in Ratingen zu studieren, wo der lokale AfD-Vorsitzende Bernd Ulrich inzwischen jeden Halt verloren hat und Ratsmitgliedern, die der Trierer Erklärung des Deutschen Städtetages zugestimmt haben, im Rat nach ausfälligen Pöbeleien gedroht hat „Sie werden alle zur Rechenschaft gezogen“.  

Das passt zum Bild, da der gleiche Herr bei der Ratinger Demonstration mit dem Motto „Wir zeigen Nazis die rote Karte“ dabei beobachtet wurde, wie er Fotos von Teilnehmenden anfertigte, die er dann wohl auch noch im Fraktionssaal im Rathaus zur Schau stellte1. Man könnte den Eindruck gewinnen, dass Herr Ulrich von den Deportationsphantasien seiner Mitextremisten so begeistert ist, dass er schon im Kopf eigene Listen für mögliche Verhaftungswellen aufstellt.

Geradezu absurd wird es dann, wenn Herr Ulrich in einem Text auf der Website der rechtsextremen AfD Fraktion Ratingen den Text der Trierer Erklärung als „widerliches Pamphlet“ und „unglaubliche Diffamierungserklärung“ bezeichnet. Das lässt sehr tief blicken in das Demokratie- und Gesellschaftsverständnis, das in der AfD offenbar mehrheitsfähig ist.  Sind doch in der Trierer Erklärung nur Aussagen zu finden, die in vollkommen eindeutiger Weise den Geiste unseres Grundgesetzes atmen und denen jeder ernsthafte Demokrat und Staatsbürger im Vollbesitz seiner geistigen Kräfte anstandslos zustimmen müsste. 

Was wir hier im beschaulichen Ratingen im Kleinen beobachten können, ist eine Attacke auf unsere freiheitlich-demokratische Grundordnung: Zustimmung zu den Grundwerten unseres demokratischen Staates wird als „Diffamierungserklärung“ oder „Hohn“ bezeichnet. Die Unterzeichnung der Erklärung als „Tag der Schande“. Hier werden die Grenzen des Sagbaren bewusst verschoben, um unseren Staat und die gewählten Mandatsträger:innen zu deligitimieren und herabzuwürdigen.

Die Trierer Erklärung derart zu attackieren, ist an sich schon Skandal genug für einen Ratsherrn, der auf die Gesetze unseres Landes verpflichtet ist. Aber nicht genug damit, schaffte es Herr Ulrich dem noch die Krone aufzusetzen, als er den Ratsmitgliedern in einem Beitrag auf der Website der AfD Ratsfraktion den „gleiche(n) Ungeist eines bequemen Mitläufertums, der schon am 1. April 1933 den Boykottaufrufen der Nazis willig folgte und später am 9. November 1938 beim Pogrom Beifall klatschte“ unterstellt.

Offenbar versteigt sich Herr Ulrich hier in vollkommener absurder Verkehrung sämtlicher historischer Fakten zu der grotesken Vorstellung, die AfD wäre angesichts der Abgabe der Trierer Erklärung durch den Rat der Stadt in der gleichen Opferrolle wie die jüdischen Mitbürger:innen 1938. Das erfüllt wahrscheinlich den Tatbestand § 130 Abs. 3 StGB (Volksverhetzung – Herabwürdigung oder Verharmlosung der Taten unter der Herrschaft des Nationalsozialismus) und ist eine Geschmacklosigkeit, die kaum noch zu überbieten ist. Gut, dass die Bürgerunion und Die Partei Anzeige erstattet haben.

Man muss sehr klar konstatieren, dass Herr Ulrich den Boden der freiheitlich-demokratischen Grundordnung längst verlassen hat und sich selbst als knallharten Feind unseres Landes und unserer Demokratie geoutet hat. Wer die gewählte Regierung unseres Landes als „Regime“ bezeichnet und Zustimmung zu den Grundwerten als „Tag der Schande“ brandmarkt, der hat im Rat der Stadt nichts verloren.

Was heute mit „einfach mal einen raushauen“ und das „wird man ja noch sagen dürfen“ in Teilen unserer Bevölkerung offenbar akzeptabel ist, ist exakt das, was in der Zeit von 1933 bis 1938 zur Radikalisierung der Nationalsozialisten und dem Beginn der Massendeportationen geführt hat.

Wenn der AfD-Fraktionsvorsitzende in Sachsen-Anhalt, Ulrich Siegmund, auf dem Treffen in Potsdam nach Correctiv-Recherche verlautet lässt, dass sich das Straßenbild ändern müsse und man ausländische Restaurants unter Druck setzen sollte, damit es in Sachsen-Anhalt „für dieses Klientel möglichst unattraktiv sei zu leben“, dann ist dies in direkte Linie zur Reichsprogrom-Nacht und zur Politik der Arisierung der Nazis zu sehen. Ulrichs Aussagen im Rat der Stadt der Ratingen sind ein verzweifelter und vollkommen wahnsinniger Versuch, hier eine Täter-Opfer-Umkehr herbeizuphantasieren.

Dass Herr Ulrich die Ratsmitglieder „zur Rechenschaft“ ziehen möchte, passt zu den Aussagen des Brandenburger AfD-Kandidates Lars Hünich, der vom ZDF dabei festgehalten wurde, wie er auf einer Parteiveranstaltung schwandronierte:

„Wenn wir morgen in einer Regierungsverantwortung sind, dann müssen wir diesen Parteienstaat abschaffen (…) Wir brauchen keine Parteien, die von dem Staat bezahlt werden, den sie eigentlich kontrollieren und lenken sollen.“ 

Lars Hünich, AfD Brandenburg

Leider sind die Möglichkeiten, derartige Hetzer einfach aus den Parlamenten zu werfen, in einer Demokratie eng gezogen.

Als Ratinger BLUNA CONNECTION wollen wir dafür sorgen, dass die Ratinger Bürger:innen bei den nächsten Wahlen diesem antidemokratischen und rechtsextremen Spuk eine Ende bereiten. Nazis und Rechtsextreme haben in unseren Parlamenten nichts verloren.

Wehren wir den Anfängen: Wählen gehen!


  1. …und tatsächlich auch auf seiner Website, um in gewohnt dümmlicher Weise gegen die Teilnehmer:innen der Demonstration zu hetzten. ↩︎