Der Vorsitzende der AfD in Ratingen, Bernd Ulrich, gibt sich des Öfteren rassistischen Ausfällen hin. Das ist im Allgemeinen für ein AfD-Mitglied nichts Besonderes, im Besonderen aber immer sehr widerwärtig. 

Einen passenden Anlass findet Herr Ulrich gerne und jederzeit. Ob er sich anlässlich des Terroranschlags der Hamas auf Israel in abscheulichweise Weise in blutigen Details ergeht (https://briefe-von-bernd.blog/2023/10/22/terrorismus-teuflische-traditionen/), ohne auch nur ein Wort des Mitgefühls für das israelische Volk von sich zu geben (ist ihm ihm im Geifer des Gefechts sicher durchgegangen…) oder ob er wie jüngst den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen dazu missbraucht, gegen Migranten zu hetzen.

Nun ist gerade dieser letzte Fall wieder einmal ein typisches Beispiel dafür, wie die populistische Hetze der AfD funktioniert: Um sich den Anstrich zu geben, man würde sich irgendwie für Frauen einsetzen…

Klar, denn gerade wir von der AfD sind es, die unermüdlich gegen die zunehmenden Gewalttätigkeiten in unserer Gesellschaft, besonders die gegen Frauen und Mädchen ankämpfen.

FB Post der AfD Ratingen zum Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

… – was angesichts des Parteiprogramms der AfD besonders lachhaft ist – pickt man sich den Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen heraus, um sich in die Fußgängerzone zu stellen und sogenannte „Heuler“ zu verteilen. Kleine Handsirenen, die Frauen helfen sollen Hilfe zu holen, wenn sie auf den (Ratinger?) Straßen des Nachts belästigt werden – insbesondere von den offenbar verstärkt auftretenden „jugendlichen Gruppenvergewaltigern“, die Herr Ulrich gerne mal anführt. Aber da man ja zum eigentlichen Kern der rechtsradikalen Sache kommen will, schwadroniert man dann auf Facebook munter über Gewalt gegen Frauen:

Eine Gewalt, die oftmals importiert wurde durch gewissenlose Politiker, die ihre ideologische Migrationsagenda ohne Rücksicht auf Verluste durchboxen.  Oftmals sind dann die Frauen und Mädchen unter den Zuwanderern selber Opfer von widerwärtigen Gewaltverbrechen. Die sogenannten „Ehrenmorde“ sind ja nur die Spitze des Eisberges. Und aus diesem Grund waren wir genau an diesem Tag in Ratingen präsent.

FB Post der AfD Ratingen zum Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Womit man wieder – hoppla die hopp – beim Lieblingsthema, der Hetze gegen Migranten angekommen ist.

Sinnvoller und vor allem dem Thema angemessen und ohne billige, populistische Hetze wäre allerdings, diese „Spitze des Eisberges“ einmal in den richtigen Kontext zu setzen.

Nun sind die fälschlicherweise als „Ehrenmorde“ bezeichneten Morde im migrantischen Umfeld ein ernstzunehmendes und entsetzliches Verbrechen – nicht nur in Deutschland. Aber abgesehen davon, dass 43% (!) der unter diese Kategorie fallenden Opfer Männer sind (auch Männer werden zur angeblichen Widerherstellung einer „Ehre“ umgebracht), bilden diese Morde leider nur einen kleinen Teil der Gewalt gegen Frauen ab.

Aber kommen wir erstmal zu den Fakten:

Die im Auftrag des Bundeskriminalamts (BKA) im Jahre 2011 erschienene Studie des Max-Planck-Instituts für ausländisches und internationales Strafrecht  listet für die Zeit zwischen 1996 und 2005 78 Fälle mit 109 Opfern und 122 Tätern von ehrbezogenen Tötungsdelikten. Die Täter sind fast ausnahmslos Männer, die Opfer überwiegend Frauen. In der Zeit zwischen 1996 und 2005 sind es 62 Frauen.

Das sind 62 Frauen zu viel, aber leider nur ein kleiner Teil der in neueren Statistiken als Femizide bezeichneten Morde an Frauen. In Deutschand werden jedes Jahr (!) im Schnitt 130 Frauen durch ihre Männer oder Partner umgebracht.

Jeden Tag gibt es in Deutschland einen polizeilich registrierten Tötungsversuch an einer Frau. Fast jeden dritten Tag stirbt eine Frau durch die Hand ihres Partners oder Ex-Partners.

https://www.ndr.de/kultur/Femizide-in-Deutschland-Fallzahlen-gehen-2021-leicht-zurueck,femizid100.html

Das Lagebild des BKA von 2022 stellt die Situation aber noch drastischer dar: 18,3% aller (!) in der Polizeilichen Kriminalstatistik erfassten Opfer sind Frauen als Opfer von Gewalt in Partnerschaften. Das sind alleine 2021 gesamt 143.604 Fälle.

80% der Täter sind Ehepartner oder ehemalige Partner.

Wir sprechen hier laut Statistik von knapp 118.148 Täter:innen – 93.148 davon Männer. Knapp 64% davon (59.357) waren deutsche Staatsangehörige. Wieviele hiervon AfD wählen oder der AfD angehören, ist leider statistisch nicht erfasst. Genausowenig wie die Vornamen der Täter, da beides nichts zur Sache tut.

Um aber auf den Kern zurückzukommen, ist es also mitnichten so, dass es sich bei diesem Thema um ein vornehmlich auf Bevölkerungsgruppen mit Migrationshintergrund reduziertes Problem handelt. Vielmehr…

…wird im Kontext von Gewalt gegen Frauen einerseits ein geschlechtergerechtes, friedliches Bild der Mehrheitsgesellschaft gezeichnet, während „die anderen“ (meistens Nicht-Europäer) durch gewalttätige und patriarchalische Verhaltensweisen gekennzeichnet werden (Karlsson et al., 2020). Diese mediale Darstellung ist problematisch, weil sie suggeriert Gewalt gegen Frauen sei ein Problem der vermeintlich anderen, ein Problem, das von außen nach Deutschland getragen wurde – und das sich folglich auch durch eine verschärfte Asylpolitik „abschieben“ lässt.

Christine E. Meltzer – Tragische Einzelfälle? Wie Medien über Gewalt gegen Frauen berichten. Otto-Brenner-Stiftung

Was im Wesentlichen die Position und den Gedankenschluss der AfD und ihrer Anhänger zusammenfasst.

Zwar zeigt eine Studie des LKA Nordrhein-Westfalen, dass der Anteil von Gewaltopfern unter Personen mit Migrationshintergrund mit 10,4% deutlich über dem von Personen ohne Migrationshintergrund liegt (7,5%), und dass dieser Unterschied bei schwerer Gewalt gegen Frauen noch größer ist (13,1 % vs. 8,9 %), jedoch kann dies nur teilweise mit Herkunftsmerkmalen wie Werten, Normen und Geschlechterrollen erklärt werden: Als deutlich relevanter erweisen sich sozio-ökonomische Belastungsfaktoren und mangelnde Ressourcen.

Übersetzt: Mangelnde Integrations- und Aufstiegschancen für Mitbürger:innen mit Migrationshintergrund. Ein Problem, zu dem ich gerne einmal die AfD mit einem sinnvollen Ansatz hören würde.

Aber so funktioniert die Aufregungs- und Hetzpolitik der AfD: Wir nehmen ein Thema, framen es nach unserem Gusto und schreien laut „Die Migranten sind schuld“. Oder die Grünen.

Damit treten die Partei und ihre Vertreter den Beweis an, dass Sie a. über keine Ideen für unsere Land verfügen und nur hetzen können und b. deswegen auch keine Alternative für Deutschland sind. Im Gegenteil: Die geistig und moralischen Kurzschlüsse der AfD und ihrer Protagonisten sind eine Schande für unser Land, das sich rühmt das Land der Dichter und Denker gewesen zu sein. Die AfD macht daraus ein Land der Hetzer und Querdenker.

Für den Ortsvereinsvorsitzenden, der immer gerne gegen Migranten hetzt, aber bislang noch keine Erklärung zu den erwiesen rechtsextremen und antidemokratischen Umtrieben in seiner Partei abgegeben hat, zum Schluss noch eine Zusammenfassung:

In der Zeit von 1996 bis 2005 sind 62 Frauen Opfer von sogenannten „Ehrenmorden“ geworden.

Im gleichen Zeitraum wurden in Deutschland 130 Männer, Frauen und Kinder durch Rechtsextreme getötet.

192 Menschen, die noch leben würden, wenn nicht kranke Menschen ihre eigenenen verkommenen Werte- und Moralvorstellungen zum Maß der Dinge erklärt hätten.

Wehren wir den Anfängen: AfD verbieten.


Bild: stock.adobe.com