Die AfD-Fraktion im Rat der Stadt Ratingen treibt aktuell eine Sau durch das beschauliche Dorf – genauer genommen ein Schwein. Ein Nazischwein. Irgendwelche Spießgesellen (?) haben in Ratingen eine Bushaltestelle beschmiert mit einer Reihe interessanter Botschaften.
Herr Ulrich, seines Zeichens Sprecher der AfD-Ratsfraktion, hat „die Vollversammlung des Stadtrates“, die ja quasi gleichbedeutend ist mit der Vollversammlung der Vereinten Nationen, aufgefordert diese ganz und gar abscheuliche Tat zu verdammen und folgenden Antrag dem Rat zur Zustimmung vorgelegt:
„Der Rat der Stadt nimmt mit Abscheu und Empörung die entwürdigende Herabsetzung eines ihrer Mitglieder durch Schmierereien im öffentlichen Raum zur Kenntnis. Eine derartig drastische Entgleisung ist unverzeihlich und darf keine Nachahmer finden. Wir weisen jeden Versuch der Einschüchterung von Mandatsträgern in aller Entschiedenheit zurück. Wir als Rat der Stadt erklären, dass derartige Diffamierungen keinesfalls typisch sein dürfen für das von Toleranz und gegenseitiger Achtung geprägte politische Klima in unserer Stadt und erklären unsere Solidarität mit dem Geschädigten.“
Antrag der AfD-Fraktion vom 30.07.2022
Das ist natürlich ein lustiger Antrag von einem Herrn, der es selber mit der entwürdigen Herabsetzung von anderen Menschen nicht ganz so genau nimmt und dessen Veröffentlichungen in seinen Blogs und auf den Facebook-Seiten der AfD Ratingen ja geradezu ein Musterbeispiel für „Toleranz und gegenseitige Achtung“ sind („Fremdenfeindlich? Ich?“).
Natürlich ist es richtig, dass der Stadtrat so einen Opferrolle-Antrag erst garnicht behandelt und sich in der Tagesordnung mit für die Stadt Ratingen relevanten Themen (Gas- und Energiesparen, diverse Pflastereien, Sicherheitslage in der Ratinger Innenstadt…) beschäftigt. Trotzdem sollte man doch eine Lanze für Herrn Ulrich brechen, weil so einfach einen rechtsradikalen Ratsherrn als „Nazischwein“ zu diffamieren, das geht natürlich nicht.
Dabei muss man streng genommen zwei Aussagen unterscheiden: Erstens die, Herr Ulrich sei ein „Nazi“ und zweitens, Herr Ulrich sei ein „Schwein“.
Zu Ersterem verhält es sich nicht ganz so einfach, da man zwar aus den Publikationen des Herrn Ulrichs und seiner Mitgliedschaft in einer vom Verfassungsschutz als rechtsextremen Verdachtsfall eingestuften Partei schlussfolgern kann, dass er zumindest dem rechtsradikalen Lager angehört, aber natürlich ist nicht jeder Rechtsradikale automatisch ein Rechtsextremer oder gar ein Nazi.
Abgesehen davon irrt Herr Ulrich in seinem Antrag, dass die Verwendung des Begriffs „Nazi“ für eine Person strafbar sei. Verschiedene OLGs haben geklärt, dass es sich dabei um ein Werturteil handelt, dass im Rahmen des Rechtes auf freie Meinungsäußerung nicht justitiabel ist. Das weiß auch Herr Ulrich, der in seinen Schriften fleißig diffamiert und hetzt und sich dabei auf die Meinungsfreiheit beruft – ganz im Duktus seiner rechtsradikalen Parteifreunde.
Sollte man also Herrn Ulrich als „NAZI“ bezeichnen? Ich denke, nein. Auch wenn Herr Ulrich sich selber bislang nicht „von Hass, Hetze, Beleidigung“ seiner Parteifreunde distanziert hat, halte ich die Verwendung des Begriffes für zu hoch gegriffen.
Im Gegensatz dazu finde ich es korrekt, für die AfD und deren durchweg rechtsradikalen und in Teilen rechtsextremen Mitglieder als Ganzes den Begriff „Nazi“ als verkürzendes Werturteil zu benutzen – das ist im politischen Meinungskampf eine zulässige und notwendige Verkürzung.
Was uns zum zweiten Punkt führt: Dem „Schwein“. Im Gegensatz zum „Nazi“ ist die Betitelung als „Schwein“ auch aus juristischer Sicht ein anderes Kaliber.
Nun kann man sicherlich absolut zuverlässig behaupten, dass Herr Ulrich ein sehr schlechtes Benehmen – zumindest in der politischen Kommunikation – an den Tag legt. Jemanden, der ältere Damen beleidigt und herabsetzt, kirchliche Sozialverbände angreift, politisch klardenkende Menschen in der ein oder anderen Weise diffamiert und herabsetzt und sich gerne üblicher Methoden von Mittelstufen-Bullys bedient, ist deswegen aber noch lange kein Schwein.
Ich würde ihn eher als rechtsradikalen älteren Herrn mit schlechter Laune und schlechtem Benehmen bezeichnen. Das trifft es eigentlich besser, auch wenn ich gestehen muss, dass ein Grafitti mit „Bernd Ulrich, du rechtsradikaler, älterer Herr mit schlechter Laune und schlechtem Benehmen“ natürlich viel schwieriger zu sprayen ist.
Eine Frage, die sich mir aber auch stellt: Wer hat das wohl gesprayt? Insgesamt sieht es für mich ob der kunstvollen Schwünge nicht nach einer der üblichen hingerotzten Schmierereien aus. Das schweinsohrig eingedrehte „B“ erinnert schon fast an eine Unterschrift und ja, ich habe dies mit der Unterschrift von Herrn Ulrich im Antrag der AfD verglichen… Nun kann man dazu davon ausgehen, dass Herr Ulrich außerhalb einer sehr engen politisch interessierten Szene in Ratingen an Unwichtigkeit kaum zu unterbieten ist – deswegen drängt sich um so mehr die Frage auf, wer sollte das geschmiert haben, wenn alle üblichen linksgrünen Sozialisten in Ratingen ausfallen? Die haben wir gefragt, sie waren es nicht.
EGAL! Für die eigene Opferrolle ist es mal wieder ein gefundenes Fressen und kommt im Rahmen der Sommerpause ja fast schon wie eine Auftragsarbeit daher. Ein Schelm, wer da Verschwörungstheorien spinnt…
Kommentare von christoph